Wissen

Seit 1998 befasse ich mich mit dem traditionellen Handwerk des Schellenschmiedens.

Insbesondere mit den handgeschmiedeten feuervermessingten Senntumschellen sowie auch mit den Fahr- und Weidschellen.

Ebenso mit den Chlausenschellen und Rollen, die bei unserem Brauchtum, dem Silvesterchlausen, getragen werden.

Mein Ziel ist es, das aussterbende Handwerk authentisch zu erhalten und weiter zu führen.

 Ursprung des Schellenschmiedens

Mit den vier Grundelementen Luft, Erde, Feuer und Wasser wurden damals wie heute die Schellen geschmiedet.

Besondere Bedeutung der traditionellen Herstellung der Schellen erlangte das Nordtirol.
Regelrechte Zentren der Schellenschmiede waren die beiden Gerichtsbezirke Nauders und Landeck.

Die bekanntesten und wohl auch tüchtigsten dort lebenden Schellenschmiedefamilien waren die Schuchter’s in Pfunds seit 1681, die Brüder Leitner in Grins und die Scherl’s in Schnann seit 1703. Diese überlieferten Ihr Handwerk über Generationen weiter.

Das Schellenschmiedehandwerk wurde grösstenteils als Nebenerwerb zur Landwirtschaft oder in Verbindung mit dem Sensen schmieden ausgeübt. Nach ihrer Form unterschieden die Schmiede zwischen Froschmaul-, Keil-, Flach-, Hoch-, und Rundschellen. Die Schellenschmiede erzeugten einfache nach der Tonleiter angefertigte Kuhschellen, jedoch nach traditioneller Machart.

Lange Zeit sorgte der erfolgreiche und einträgliche Erwerbszweig dieser weitum gefragten Schellen für Bekanntheit, hohes Ansehen und für die Nachfrage dieser Produkte in andere europäische Staaten.

Der Niedergang dieses Handwerks steht sehr eng in Verbindung mit der seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Industrialisierung. Die Schmiede haben nämlich die erzeugten Schellen dann mehrheitlich galvanisiert oder im Schmelztiegel behandelt und nicht mehr im Lehm feuervermessingt. Dadurch hat die Qualität merklich nachgelassen und ihr bisher guter Ruf nahm dadurch schaden.                                                                                                                                                            

Ein weiterer Grund ist der Ausbruch des 1. Weltkrieg, der das traditionsreiche Gewerbe zum Erliegen brachte. Heute schmieden noch die Familie Scherl und die Familie Schiestl in Fulpmes, jedoch werden die Schellen nach modernen Beschichtungsverfahren behandelt. 

Ende 19. Jahrhundert entwickelte sich aus noch aktiven Quellen der traditionellen Fertigung eine neue Ära, die Senntumschellen. Ein Schellendreiklang. Anfangs wurden die Schellen anhand verschiedener Grössen und Tönen zu einem Dreiklang zusammengestellt. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Senntumschellen zu einer perfekten musikalischen Einheit gefertigt.          Eine hohe Anforderung an den Schmied!

Die Senntumschellen erlangten überregionale Beliebtheit bei Alpaufzügen, Viehschauen, musikalischen und gesanglichen Einlagen, Sammlungen und Liebhabern. Auch für Winterbräuche wie z.Bsp. das Klausjagen in Küssnacht, das Silvesterklausen im Appenzellerland oder für den Calandamarz im Bündnerland stellten die Schmiede die passenden Schellen und Rollen her. Die Blütezeit erreichte dieses Handwerk Ende des 20.Jahrhunderts.

Wandel und Entwicklung oder die fehlende Persistenz (Bewahrung und Erhaltung) brachten dieses Handwerk zum Versiegen. 2020 verstarb der letzte aktive Schellenschmied seines Standes in Strengen Tirol.


Feuervermessingen

Das Beste zum Schluss!

Im Feuer geschmiedete Schellen, Rollen oder Klangschalen werden zu guter letzt feuervermessingt .

Bereits die Kelten vermessingten im 3. – 4. JH v.Ch. ihre Eisenschellen im Lehm und Feuer.

Der Lehm wird eigens für dieses Verfahren gemischt. Die jeweiligen Zutaten in den richtigen Mengen sind entscheidend, ob der Brand gelingt.

Zu einem Fladenteig ausgebreitet, wird dieser mit Messing, Kupfer oder Bronzeteilchen bestückt. Die Schelle oder Rolle wird damit nun eingepackt, getrocknet und dann im offenen Feuer gebrannt. In der Gluthitze schmilzt das Buntmetall bei 950°. Der Lehmkuchen wird dabei öfters mit der Teufelsgabel (Gabel mit nur 2 Zinggen) im Feuer gedreht. Dies garantiert, dass sich das Messing innen- wie auch aussenseitig gleichmässig verteilt. Die dabei entstehende blaue Flamme ist ein sicheres Zeichen, dass die Schmelze des anteiligen Zinks in vollem Gang ist. Die hocherhitzte Substanz wird nun aus dem Feuer genommen und noch mehrfach auf dem Boden gewendet und anschliessend im Wasser abgekühlt.

Dieses Verfahren verleiht dem geschmiedeten Klangkörper weitere positive Qualitätsmerkmale.

  • Die Objekte werden innen wie aussen durch das flüssige Messing veredelt.
  • Die Messsingschicht schützt den Stahl vor der Witterung bzw. der Oxidation.
  • Die seitlich überlappenden Stellen bei der Schelle bzw. Rolle werden durch das flüssige Messing verlötet. Durch diesen Prozess wird der Klangkörper zu einer Einheit.
  • Der Klang mit Obertönen, Charakter und Einzigartigkeit sind nur wenige Besonderheiten, die jetzt eine feuervermessingte Schelle, Rolle oder Klangschale erlangt hat.

Der im Feuer geschmiedete und im Lehm feuervermessingte Stahl weist eine eindrückliche Veränderung des Grundwerkstoffs (Stahl) auf.

Untersuchungen haben folgende Erkenntnisse ergeben:

  • Ein interkristallines Eindringen von Messing in den Stahl.
  • Bildung von Nitriernadeln
  • Aufkohlung des Stahls
  • Hohe Festigkeit

Diese Veränderungen sind positiv/aufwertend für jeden Klangkörper und erzielen einen Mehrwert.


Senntumschellen

Die Senntumschellen, auch «G’spiel» genannt, gehören im Toggenburg und im Appenzellerland zum Brauchtum.

Noch heute kommen die drei Schellen beim «Öberefahre» (Alpauffahrt), Viehschau, in Jodelchören als Begleitung zum Zauren und vereinzelt beim Silvesterchlausen zum Einsatz.

Ein wohlklingendes Senntum weckt stets grosses Interesse und zählt deshalb zur «Königsdisziplin» des Schellenschmiedes.

Einige Merkmale eines «G’spiels»:

  • Gewicht: 6 kg kleine, 7 kg mittlere, 8.5 kg grosse Schelle
  • Material:
  • Veredelung:
  • Stimmung 3- Klang, Spektrum 5-6 Halbtöne
    Beliebte Tonabstände: C- Dis- F (Stille Nacht)
    Cis- Dis- F (leise rieselt der Schnee)
  • Grundton: Eine qualitativ gute Schelle erzeugt bei jedem Anschlag nebst dem Grundton eine ganze Reihe von Obertönen, die mitschwingen und aushallen.
  • Anwendung: Grosse und kleine Schelle im Gleichschlag, die mittlere dazwischen im Gegenschlag. Zwei Männer, der Eine die Grosse und die Mittlere im Gegenschlag, der Andere die Kleine im Gleichlag zur grossen Schelle.
  • Schlussgedanke: Die Senntumschllen erzeugen eine ganz wunderbare und rhytmische Musik, bestehend aus Tonreinheit, Klangumfang, Klangfarbe und verschmilzt so zu einem klangvollen Harmoniestrauss.
    Jedes «G’Spiel» erhält so seinen persönlichen Charakter und ist für sich einzigartig.

Angebot:

  • Senntumschellen nach Kundenwunsch
  • Reparaturen und Restaurierungen
  • Expertisen, Schatzung und Beratung
  • Handel